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Bastard Ass(i) from Hell #43 - #48

Nach oben Bastard Ass(i) from Hell #43

© Florian Schiel

Der Chef hat endlich seine Zustimmung zur Netzerweiterung in den ersten Stock gegeben. Als offizielle Begründung gegenüber dem Haushaltsausschuss hatte ich geschrieben: 'Steigerung des synergetischen Effekts in Wissenschaft und Lehre durch Vernetzung räumlich getrennter, aber thematisch interdisziplinär arbeitender Gruppen'.

In Wirklichkeit kann ich jetzt endlich meine Bestellungen per Computer an die Cafeteria geben, die sich auch zufällig im ersten Stock befindet. Schliesslich ist es in der heutigen Sparwelle nicht mehr zu verantworten, dass hochdotierte Beamte (wie ich) ihre kostbare Zeit in der Schlange vor der Cafeteria-Kasse vergeuden.

Ich rufe also beim Leiter der Haustechnik an und erkläre ihm die Situation: So und so, das Ethernetkabel muss zuerst durch die Decke, dann durch die Räume der katholischen Theologen geführt werden, und dann muss noch eine Wand durchbohrt werden. Obwohl die Zentralwerkstatt bis 2029 ausgebucht ist, zeigt sich der Leiter erstaunlich kooperativ. Vielleicht ist ihm die Geschichte mit der überfluteten Tiefgarage noch in Erinnerung...

"Gar kein Problem", sagt er, "das machen wir ganz unbürokratisch. Ich schicke Ihnen 'nen Maurer 'rüber, der die Löcher bohrt."

Schon am nächsten Tag steht tatsächlich ein Individuum im Blaumann und mit mauerbrechender Feuerkraft ausgestattet vor meiner Türe. Ich zeige ihm die entsprechende Stelle, und er fängt unverzüglich an, mit seiner Hilti den Fussboden zu bearbeiten. Die Lärmentwicklung ist beachtlich. Ich schaue auf die Uhr und beginne zu zählen.

Schon nach siebzehn Sekunden ist der erste katholische Theologe da und beschwert sich empört über den Krach. "Man versteht ja sein eigenes Wort nicht mehr in der Vorlesung", schimpft er, hochrot im Gesicht. Ich bemerke, dass ihm ein wenig mehr Demut vor den unerforschlichen göttlichen Entscheidungen besser zu Gesicht stünde. Dann empfehle ich ihm, doch in der nächsten halben Stunde mit den Studenten zu meditieren; da bräuchte er seine Stimme nicht so zu strapazieren.

Inzwischen ist die Hilti durch die Decke, aber irgendwie riecht es merkwürdig aus dem Loch. Genauer gesagt, es stinkt wie die Pest. Ich mache den Maurer darauf aufmerksam und er beugt sein Riechorgan dicht über sein Werk. In diesem Moment schiesst eine grau-trübe Fontäne aus dem Bohrloch und ihm mitten ins Gesicht; ein intensiver Geruch nach Kloake verbreitet sich; aus der benachbarten Damentoilette hören wir schwach die Spülung rauschen. "Sakradi", meint der Maurer unbeeindruckt und trocknet sich mit dem Taschentuch ab, " des muass i nacha wieda zuamacha..."

Er probiert es noch einmal; diesmal dreissig Zentimeter weiter rechts. Aber da kommt er nicht so leicht durch, wie vorher in die Abwasserröhre. Er bohrt und bohrt und setzt sich schliesslich selbst auf die röhrende Hilti. Nach weiteren zehn nervenaufreibenden Minuten geht ein Aufatmen durchs Institut: er ist durch. Wir gehen ein Stockwerk hinunter zu den katholischen Theologen. Etwa ein Quadratmeter der Stahlbetondecke liegt abgesprengt im Raum verteilt; ein dicker Stahlträger ragt schräg aus der malträtierten Decke in den Raum und eine traurig flackernde Neonlampe hängt nur noch an ihrem Anschlussdraht und dreht sich langsam um sich selbst.

"Hoppala", meint der Meister und trifft mit analytischer Sicherheit sofort den kritischen Punkt so einer Situation: "Moana Se, da kimmt oft wer eini?" Der Raum, ein Zeitungs-Archiv, sieht allerdings nicht so aus, als ob er häufig frequentiert würde. "Guad! Des mach i moagn wieda zu. Jetz machma no schnell de anderen Löcha!"

Wir gehen in unseren Raum hinüber und der Meister beklopft prüfend die fragliche Wand. "Dös is ja nur a Rigips..." Er holt ein schweizer Taschenmesser heraus und stösst die Klinge brutal in die jungfräulich weisse Wand. Schon nach wenigen Zentimetern trifft er auf Beton. Er probiert es noch dreimal links und viermal rechts davon; im siebten Loch bricht die Klinge ab. Die Wand sieht aus, wie nach einem Überraschungsangriff von Al Capones Bande.

Ich frage den Meister, ob er nicht ständig für unser Institut arbeiten möchte, aber er lehnt dankend ab. Wahrscheinlich zuwenig Wände.

Gegen Mittag beginnt es heftig zu schneien und schon bald ist der Platz unter meinem Fenster von einer dicken Schneedecke eingehüllt. Als ich sehe, dass der leitende Hausmeister, der Oberhausmeister und der Hilfshausmeister den Schneepflug aus der Garage holen, gehe ich ins Labor, um die Videokamera in Stellung zu bringen. Wie üblich streiten die drei darum, wer als erster ihr Lieblingsspielzeug besteigen darf. Sodann schreitet der Oberhausmeister sorgfältig den ganzen Platz ab, und teilt ihn so in einen grossen, einen mittleren und einen kleinen Abschnitt; beim Schneepflügen muss es gerecht zugehen, da verstehen unsere Hausmeister keinen Spass.

Der leitende Hausmeister besteigt den kleinen Traktor mit der riesigen Räumschaufel und drückt den Starter. Das Ding macht einen gewaltigen Satz nach vorne und beschleunigt. Es ist erstaunlich, was mit mit ein paar simplen Eingriffen an Kupplung und Getriebe alles erreichen kann!

Der leitende Hausmeister schreit und versucht verzweifelt, sich im Sattel zu halten. Der Traktor bockt und schlingert und malt grosse Schleifen in den jungfräulichen Schnee. In letzter Sekunde gelingt es dem tapferen Piloten, einem Betonpfeiler auszuweichen. Der Oberhausmeister und der Hilfshausmeister rennen gestikulierend neben dem durchgegangenen Traktor her. Mit einem plötzlichen Schlenker erwischt der Traktor beinahe den Hilfshausmeister, der sich nur mit einen verzweifelten Sprung in ein schneegefülltes Blumenbeet retten kann. Schliesslich gelingt es dem leitenden Hausmeister abzuspringen, und der Traktor fährt allein weiter. Das Lenkrad scheint eingeschlagen zu sein, denn er fährt jetzt immer eng im Kreis herum. Funken sprühen bedrohlich unter der Räumschaufel. Die drei Hausmeister beraten sich in sicherer Entfernung. Der leitende Hausmeister gibt jetzt anscheinend den Befehl, den herrenlosen Traktor einzufangen. Der Oberhausmeister gibt den Befehl an den Hilfshausmeister weiter. Nach zwei missglückten Versuchen gelingt es diesem tatsächlich im vollen Galopp neben dem Schneepflug herzulaufen und die Benzinzufuhr abzustellen, während seine beiden Vorgesetzten ihn aus sicherer Entfernung anfeuern.

Ich spule das Band zurück und schicke es an 'Pleiten, Pech und Pannen'. Wieder ein erfolgreicher wissenschaftlicher Arbeitstag!


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Missgelaunt reisse ich eine neue Cleenex-Packung auf. Mein Riechkolben ist schon so wund, dass er im Dunkeln rot leuchtet. In meinem Kopf pocht es im Morsetakt, die Augen wassern, die Ohren sausen und jeder neue Hustenanfall befördert tonnenweise grüngrauen, flockigen Schleim aus meinen strapazierten Lungen.

Mit anderen Worten: Der BAfH hat Grippe!

Die Mitarbeiter umstehen mich mit besorgter Miene. Der Chef schaut mich an und sagt, ich solle mich schonen. Frau Bezelmann schaut mich an, zieht die Mundwinkel nach unten und fragt mit blitzenden Augengläsern, ob ich einen selbstgebrauten Spezialtee von ihr annehmen wolle. Nein, danke! Marianne schaut mich an und erklärt kategorisch, ich gehöre ins Bett und nicht ins Büro. Sie zieht erst ab, als ich mich erkundige, ob das ein ernsthaftes Angebot sei.

Schliesslich sind alle weg, und ich kann mich endlich in Ruhe meinen wissenschaftlichen, keimgeschwängerten Experimenten widmen.

Zuerst messe ich eine Stunde lang sorgfältig den Abstand zwischen zwei Niesern mit der Stopuhr. Ich stelle fest, dass ich im Mittel fünfzehn Sekunden früher wieder niesen muss, wenn ich mich nicht sofort nach dem ersten Nieser, sondern nur nach jedem fünften schneuze. Zwar läuft mir der Rotz ab dem dritten Nieser aus dem Zinken, aber andererseits spare ich auf diese Weise Cleenex-Tücher - und nicht zu knapp! Eine kurze Hochrechnung sagt mir, dass, wenn alle Einwohner Deutschlands so volkswirtschaftlich handeln würden wie ich, durch die eingesparten Cleenex-Tücher siebendreiviertel Durchschnittsrentner (eine von Blüms neuen Erfindungen) ein ganzes Jahr lang finanziert werden könnten. Ich drucke die Rechnung aus und schicke sie ans Bundesarbeitsministerium.

Danach fühle ich mich wohler. Fast will es mir scheinen, als ob ich mir ein wenig Bewegung verschaffen sollte. Ich gehe hinüber in den Versuchsraum 3 und hole eine der grossen Spiegelscheiben in mein Büro, wo ich sie sorgfältig gegen die Wand lehne. Dann male ich mit einem (nicht-wasserlöslichen) Folienstift konzentrische Kreis auf den Spiegel und nehme in drei Meter Entfernung Aufstellung. Eine Stunde später - nach 88 Niesversuchen - treffe ich fast immer in die inneren drei Ringe!

Nach meiner Stopuhr stehe ich kurz vor den dritten Nieser seit dem letzten Schneuzen. Rasch gehe ich hinüber ins Büro des Kollegen O. "Hallo!" sage ich. "Ich bräuchte .... Hah ... HAAAAAH BROSCH!!!" Das Timing war absolute Spitze! Winzige Tröpfchen landen zielsicher auf O.s Bildschirm, ein paar auch auf seiner Brille. Naja, auf die Entfernung ist die Streuung natürlich grösser. "Gesundheit", meint O. säuerlich. "Danke! Ich wollte nur gerade sagen, dass... Hah... HAAH..." O. reicht mir blitzartig ein Tempotaschentuch, das er zufällig auf dem Tisch liegen hat. In meiner Schwäche greife ich ins Leere und das Tüchlein fällt zu Boden. O. bückt sich danach... "... HAAAAAH BROSCH!!!" Genau in O.s Nacken! Kollege O. meint, ich solle doch lieber nach Hause gehen, ich sei doch bestimmt virulent und ich würde noch alle hier anstecken. Ich starre ihn aus tränenden Augen an wie ein Bernhardinerhund und sage: "Sie beinen, das gönnde ansdeggend dein?!"

Kollege O. hat mich an etwas erinnert. Von wegen 'virulent'. Da war doch irgendwo von einem neuen bulgarischen Virus namens 'Sniffoo' die Rede. Ich wühle hustend in meinen Dateien, bis ich fündig werde. Nachdem ich den Virus sicher auf eine Diskette gepackt habe, gehe ich hinüber ins PC-Labor. Auf dem Weg dorthin packt mich ein erneuter schwerer Hustenanfall, gerade als ich an zwei Blaumännern von der Haustechnik vorbeikomme, die die Neonröhren auswechseln, die ich letztes Wochenende mit dem UV-Laser aus dem Physikpraktikum angebohrt habe. Der Hustenanfall schüttelt mich dermassen, dass ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann. Instinktiv greife ich haltsuchend um mich und erwische ausgerechnet die Gesässtasche des Blaumanns, der, auf seiner Trittleiter balancierend, gerade eine neue Leuchtstoffröhre einsetzen will. Das erweist sich als unglücklich; ich hätte lieber nach der Leiter greifen sollen. Aber wenn man schier blind ist vor würgendem Husten... Ein Ruck - und ich falle, trotzdem ich mich mit aller Macht festklammere. Eine Gruppe Studentinnen hinter mir kreischt erfreut auf. Der Blaumann fühlt die plötzliche Kühle um seine Lenden und greift instinktiv nach seinen rutschenden Blaubeinkleidern. Dummerweise vergisst er dabei seiner ersten Pflicht, nämlich der Leuchstoffröhre. Mit traumwandlerischer Sicherheit fang ich die stürzende Röhre mit der linken Hand auf. Aber im letzten Moment entglitscht mir das glatte Ding wieder, segelt weiter und fällt ausgerechnet auf einen Karton mit zwölf frischen Röhren der abseits am Boden liegt. Es gibt ein schwaches Geräusch, das entfernt an gläserne Glöckchen am festlich geschmückten Christbaum erinnert.

Pech. Kann man wirklich sagen. Grosses Pech!

Die Haustechnik tobt. Aber ich bin viel zu angeschlagen, dass mich so etwas heute noch aufregen könnte.

Im PC-Labor schleppe ich mich von Rechner zu Rechner, murmele schniefend etwas von: "... Wedriebsisdemgondrolle..." und schiebe überall kurz die virulente Disk in den Schlitz. Dabei gelingt es mir, mit zehn Niesern noch sieben Displays zu treffen, bevor ich meine Runde beende.

Kaum etwas ist heilsamer bei Erkältungen als Inhalieren. Also hole ich Frau Bezelmanns Espresso-Maschine und lasse den Dampfhahn dauerzischen, während ich fleissig mit Odol versetztes Wasser nachgiesse. Kurz darauf ist mein Büro in dichte Dampfschwaden gehüllt und die Displays beschlagen sich. Thermodynamik hat mich schon immer fasziniert. Interessiert beobachte ich, wie auch an den Fensterscheiben, an den Möbelflächen, ja sogar auf dem glatten Linoleumboden auf dem Flur Wasser kondensiert.

Ein UPS-Mann in kackbrauner Uniform eilt mit einem mittelgrossen Paket, auf dem 'Vorsicht Glas!' steht, an meiner Bürotüre vorbei, gleitet aus und knallt auf den Boden. Wieder ist das anheimelnde Bimmeln der Weihnachtglöckchen zu hören. Diesmal allerdings nur ganz schwach, durch die Verpackung gedämpft. Der UPS-Mann flucht gotteserbärmlich und hofft, dass niemand das Klingeln gehört hat und dass er schon wieder in seinem lächerlichen kackbraunen Wagen sitzt, bevor jemand auf die Idee kommt, das verdammte Paket zu öffnen. So hat halt jeder von uns seine Probleme! Ich rufe kurz bei Frau Bezelmann an und weise daraufhin, dass alle Paketlieferungen immer SOFORT geöffnet werden müssen.

Plötzlich jaulen draussen auf dem Gang die Feuersirenen los. Das ist sogar mir neu: Die Feuermelder reagieren nicht nur auf Rauch, sondern auf auch Dampf! Während es noch bimmelt und ich mich für den Nachhauseweg anziehe, nehme ich mir vor, diese neue wissenschaftliche Erkenntnis für die zukünftige Experimente in der Tiefgarage auszunutzen.

Im Treppenhaus begegnet mir die Feuerwehrvorhut, zwei Stufen auf einmal nehmend und mit allen möglichen Spritzen, Helmen und Äxten bewaffnet. Ich zeige ihnen höflich den Weg und weise ausdrücklich daraufhin, dass der Boden im Flur schlüpfrig sein könnte.

Kurz darauf höre ich es scheppern. Warum hört mir eigentlich keiner zu?

Plimmelplimplomplom

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Vergessen Sie alle Appetitzügler und Hungerdiäten! Der einzige Weg zu einer schlankeren Figur führt über die neue BAfH-Diät Virol2000!

Plomplom


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Im Workstation-Cluster ist ganz schön Betrieb: 24 Benutzer tun so, als ob sie wissenschaftlich arbeiten würden. Alle Netzsegmente funktionieren und im PC-Labor klickern die Keyboards der Studenten um die Wette. Und alles läuft wie geschmiert!

Ich starte eine Handvoll Jobs mit hoher Priorität, die eine Faktorenanalyse über die ersten 10000 Postleitzahlen durchführen, und verteile sie auf die am meisten belasteten Workstations. Dann verhänge ich einen nicht angekündigten Wartungszyklus für das Subsegment mit den meisten Rechnern, lösche sämtliche Usermail von heute (NACHDEM ich sie oberflächlich durchgeschaut habe) und vertausche zyklisch alle Drucker-Queues.

Nur damit sich die Mitarbeiter nicht dran gewöhnen, dass immer alles so glatt läuft!

Sicherheitshalber verlege ich noch die Hardware-Sprechstunde auf den 30.02. Dann hänge ich ein Schild an meine Tür: 'Bin in der Vorlesung' und gehe hinunter zu den katholischen Theologen. Schliesslich habe ich mir die ganze letzte Nacht mit 'Monkey Island' um die Ohren geschlagen und brauche jetzt dringend Ruhe.

Ich wähle das Proseminar von Pater Falus und setze mich, ohne weiter aufzufallen, unter die anderen schlafenden Studenten in die vorletzte Reihe. Mein Nachbar schnurchelt leise vor sich hin. Die eintönige, salbungsvolle Stimme des Paters lullt mich sanft in den Schlaf: "... man die Schöpfungstat Gottes nach der Analogie der immanenten Tätigkeit des endlichen Seienden verstehen, dann müsste man - so scheint es zumindest - zu einer pantheistischen Auffassung des absoluten Seins kommen, nach der das Absolute sich selbst entfaltend die Welt hervorbringt. Die Welt wäre dann eine notwendige Emanation des göttlichen Wesens, eine Art 'natura naturata' (um die Terminologie Spinoza zu gebrauchen), ein Mittel also, durch das das Absolute erst zu sich kommt..."

Als ich eineinhalb Stunden später wieder zu mir komme, ist Pater Falus zum Kirchenrecht übergegangen: "... Zölibat ist durch die zwei folgenden Rechtssätze geordnet: Erstens: Der Kleriker darf nicht heiraten; der Versuch macht irregulär und bewirkt Exkommunikation." Mittlererweile sind alle Theologiestudenten um mich herum hellwach, rutschen unbehaglich auf ihren Stühlen herum und grinsen so dämlich wie pubertierende Zehntklässler im Aufklärungsunterricht. Pater Falus doziert weiter: "Zweitens: Der Verheiratete darf nicht geweiht werden. Dispens wird nur gewährt, wenn die Frau in ein Kloster eintritt..." Nervöses Gekicher weiter vorne. "...die Fortsetzung der Ehe ist auch dem mit Dispens Geweihtem verboten, jedoch kann auch von diesem Verbot Dispens gewährt werden." Damit ist für den guten Pater das peinliche Thema abgeschlossen und er greift erleichtert zum nächsten Manuskript. Ich hebe meinen Arm. Pater Falus äugt irritiert über den Rand seiner Lesebrille. "Ja? Sie haben eine Frage?" "Ja", sage ich, "ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe. Schliesslich ist das ja für die Zukunft nicht ganz unwichtig..." Wieder unterdrücktes Gekicher. "Ich kann also ruhig heiraten, muss mich aber dann vor der Weihe zum Priester um einen Dispens des heiligen Stuhls bemühen, den ich nur bekomme, wenn meine Frau in ein Kloster eintritt?" Pater Falus hüstelt peinlich berührt. "Nun. Theoretisch mag das so..." "Ich kann aber weiterhin mit meiner Frau Beischlaf pflegen, wenn ich zusätzlich einen Dispens zur Fortsetzung der Ehe erhalte", fahre ich ungerührt fort. Beim Wort 'Beischlaf' überzieht sich Gesicht und Tonsur des Paters mit kirchlichem Purpur. Weiter hinten lacht jemand unterdrückt. "Äh... nun ja. Im kanonischen Recht..." "Ich meine, wie mache ich das denn so rein praktisch? Gehe ich am Abend mit dem Dispens zur Mutter Oberin und sage, dass ich die Absicht habe, diese Nacht meiner eigenen Frau, die ja inzwischen Nonne geworden ist, geschlechtlich beizuwohnen? Was sagen denn da die anderen Nonnen dazu?" Unruhe im Auditorium. Die Studenten rings um mich her beginnen, unauffällig von mir abzurücken. Wehe, weiche! Der Böse, der unbequeme Fragen stellt, ist unter uns! Dem armen Pater steht der Schweiss auf der Stirne. "Ich... ich denke, wir sollten das... dieses Thema nach der Stunde privat besprechen", stottert er. Fast tut er mir leid; also lasse ich ihn vom Haken und sage nichts mehr.

Wenn der gute Pater wüsste, wie oft in den Mailboxen seiner Studenten von Sex und anderen pikanten Themen die Rede ist. Irgendwo müssen die armen Jungs ja ihren sexuellen Frustrationen ein Ventil schaffen. Und wenn man weiss, dass nach der Weihe nix mehr los sein darf, schlägt man natürlich vorher noch ein wenig auf Vorrat über die Stränge!

Auf dem Weg zurück in mein Büro begegnet mir ein Traum von Mädchen und lächelt mich so schelmisch an, dass meine Wirbel Polka tanzen.

Gut, dass ich für die Konkurrenz arbeite!


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Obwohl Montag ist, bin ich heute ausnahmsweise guter Laune. Der Grund? Mein Auto hat wieder einmal versucht, mich 'reinzulegen. Und diesmal auf so raffinierte Weise, dass es meine angeborene Vorliebe für die Tücke des Objekts entfacht hat!

Ich schleiche also heute Morgen (so gegen elf Uhr) schlaftrunken auf die Strasse und suche mein Auto. Zuerst denke ich, ein geistig umnachteter Automarder hat mich endlich von dieser Schrottkiste befreit, da entdecke ich es - keine 10 Schritte entfernt. Es ist so dreckig, dass sich die Farbe perfekt dem grauen Asphalt angepasst hat. Damit das nicht wieder vorkommt, fahre ich gemütlich - es ist ja noch früh am Tage - zur nächsten Autowaschanlage. Es ist eine von diesen modernen Dingern, wo man im Wagen sitzen bleibt und langsam durchgeschleust wird. Ich kurbele also das Fenster runter, stecke den Chip in die Maschine und drücke den Startknopf. Die Tore schliessen automatisch hinter mir und auf der Motorhaube beginnt es bereits zu schäumen. Ich kurbele schnell das Fenster wieder hoch, als sich plötzlich - Knackknirsch - die Kurbel festfrisst. Das Fenster ist noch zwei Drittel offen und die Shampoo-Düsen kommen unerbittlich auf mich zu. An Flucht ist nicht zu denken. Ich sitze in der Falle, und mein Wagen quietscht triumphierend mit dem Keilriemen. In Nullkommanix werde ich eingeseift. Obwohl ich fast nichts mehr sehen kann - das Auto-Shampoo brennt übrigens grässlich in den Augen -, gelingt es mir, die Fussmatte heraufzuangeln und gegen die Öffnung zu pressen. Die riesige Drehbürste walzt über mich hinweg wie ein Tornado aus 'Twisters'. Mühelos saugt sie mir die glitschige Fussmatte aus den Händen, und die Matte verschwindet irgendwo im Schaumchaos. Ich erspare euch die restlichen Waschgänge. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich in Zukunft auf Heisswachs verzichten werde! Endlich wird das Auto mit einem Ruck in die Trockenzone befördert. 'Glanztrocknen' blinkt es in grosser freundlicher Leuchtschrift durch das offene Fenster. Ein wahrer Taifun - eiskalt übrigens - kehrt im Wageninneren das Unterste zuoberst. Bonbonpapiere, vertrocknete Apfelbutzen, alte Handschuhe, Brotkrumen, ein halbes Reparaturbuch, eine zerfetzte McDonalds-Tüte, ein paar Dutzend ungebrauchte Papiertaschentücher und mindestens drei gebrauchte umkreisen meinen Kopf. Der Wind zerrt an meinem Haar und heult mir in die Ohren. Endlich gibt mich die Folterkammer frei und ich torkele erschöpft aus dem Wagen. Das B.C.f.H. (Bastard Car from Hell) hechelt im Leerlauf und grinst mich mit seinen Scheinwerfern hämisch an. Es schaut so durchtrieben unschuldig, dass ich unwillkürlich laut lachen muss. Zwei knackige Mädchen in einem dunkelgrünen Mini, die gerade zur Zapfsäule heranrollen, geben bei meinem Anblick erschrocken Gas und suchen das Weite.

Nun ja. Inzwischen steht mein Auto in der Tiefgarage und denkt sich neue Schandtaten aus. Und ich muss mich mit den Technikern der Telekom herumschlagen. Die Deutsche Telekom ist an sich eine wunderbare Organisation; sie hat nur einen kleinen Fehler: es gibt viel zuviele interne Telefonnummern. Ganz klar: wenn eine Firma nur 2 oder 3 Servicenummern hat, wird man früher oder später an die richtige weitervermittelt. Die Telekom hat ganz offensichtlich Tausende von Servicenummern - wohl in der irrigen Annahme, dass damit auch die Serviceleistung proportional gesteigert würde. Natürlich ist das ein fataler Irrtum. Denn auch die Angestellten der Telekom selber kommen mit einer solchen Vielfalt von Nummern einfach nicht mehr zurecht.

Ich rufe Marianne und den Kollegen O. in mein Büro und erkläre die Sachlage: So und so. Der ISDN-Anschluss vom Labor 3 muss in den Rechnerraum im ersten Stock verlegt werden. Kollege O. tippt auf 9; Marianne entscheidet sich nach kurzen Zögern für 6, und ich tippe auf 7. Dann schalte ich den Lautsprecher ein und wähle die allgemeine Service-Nummer der Telekom. Zwanzig Minuten später wird es spannend: man hat uns an die sechste Stelle vermittelt. Aber auch diese kann es nicht begreifen, "...wieso der Kollege Sie ausgerechnet mit mir verbunden hat. Hier sind Sie ja ganz falsch. Sie müssen zum Grosskunden-Service. Warten Sie, ich verbinde Sie mal weiter..." Ich grinse befriedigt, und Marianne zieht einen Schnute. Aber leider ist der "...Grosskunden-Service im Prinzip richtig. Aber Sie sind beim falschen Buchstaben gelandet. Wir sind nur zuständig für die Buchstaben A bis einschliesslich H. Aber ich kann Sie mit der richtigen Nummer verbinden..." Es bleibt bei 8. Kollege O. und ich teilen uns Mariannes Einsatz.

Zwei Monate später steht tatsächlich ein Techniker vor meiner Türe. "Jo, wo is denn jetzt der Gabelganal?" Der Techniker ist Franke, wie unschwer zu hören ist. "Un' des Bädschfeld? Wo ham Se denn des Bädschfeld mondierd?" Ich zeige ihm Kabelkanal und das Patch-Feld, und er werkelt eine Stunde vor sich hin. Dann kommt er, um sich den Auftrag von mir abzeichnen zu lassen. Plötzlich stutzt er, den Bleistift unentschlossen in der Hand: "Jo, wie schreibd ma denn eigendlich Bädschen? Mid hadde oda weiche B?"


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Die Tür wird ohne Vorwarnung aufgerissen, und ich haue reflexartig auf den Chef-Knopf. "... und ähm... hier... äh... arbeitet unser Herr Leisch... hm... ja, äh..." Der Chef schiebt eine fesche junge Frau in knackigen Designer-Jeans und siebzehn Zentimeter hohen Plateau-Tretern in mein Büro und strahlt mich an.

ROTER ALARM

Wenn der Chef plötzlich von 'unserem Leisch' redet und so strahlt wie eine 500-Watt-Birne, will er normalerweise einen lästigen Besucher an mich loswerden!

"... äh... darf ich... hmm... vorstellen? Das hier... ähm... ist... ist... hmm... Frau... hmm... Frau..." "Treugott", ergänzt die junge Dame kühl. "... Treugott - natürlich! Vom... äh... 'Cosmic Radio'. Und das ist Herr...hm... Leisch. Er wird Sie... hmm... also, er kann Ihnen alles über das... das SCHWAFEL-Projekt sagen... hmm... ja. Also, wir... äh... vielleicht später noch... bin leider sehr, sehr... äh... beschäftigt..." Der Chef windet sich aus der Tür und macht sie hinter sich zu.

Eine Presse-Mieze! Erst letzte Woche hat so ein Schmierfink in einer grossen süddeutschen Tageszeitung darüber gelästert, dass der durchschnittliche IQ des Universitätspersonals deutlich unter dem Durchschnitts-IQ im Pressewesen läge!

Wir taxieren uns misstrauisch, wie zwei koreanische Kragenkrokodile, die sich unvermutet in einer New Yorker Kellerbar über den Weg laufen. Man muss zugeben, die Reporterin schaut nicht schlecht aus; sie trägt ein kleines modernes Aufnahmegerät über der Schulter und hält ein schwarzes Mikrophon in der linken Hand. Ihre kühlen dunklen Augen versuchen herauszufinden, ob ich für ihre Story wichtig genug bin, oder ob sie jetzt wieder einmal nur an den Fuzzy vom Dienst abgeschoben wurde.

Ich biete höflich meinen Besuchersessel an, und sie hält mir sofort das schwarze Mikro unter die Nase. "Was bedeutet eigentlich SCHWAFEL?" ist ihre einleitende Frage. "SCHWAFEL ist die Abkürzung für 'Self Constructing Hyper Wavelet Algorithms For Extrapolating Linguistics'", erläutere ich. "Und was bedeutet das?" Ich werfe ihr einen langen scharfen Blick zu. Sie wird eine Schattierung dunkler unter dem perfekten Makeup. "Sie wissen aber doch sicher, was ein 'Wavelet' ist, oder?" sage ich leutselig. "Na ja, ich..." "Genau: 'Wavelet' ist der englische Ausdruck für 'Waffeleisen'. Letztendlich geht es also im SCHWAFEL-Projekt darum, ein selbstorganisierendes Waffeleisen zu simulieren, das seine Waffelmuster auf die linguistischen Fähigkeiten des Benutzers extrapoliert..." Die Reporterin des 'Cosmic Radio' starrt mich eine Sekunde lang unsicher an; das Mikro schwankt unentschlossen unter meiner Nase hin und her. Dann flüchtet sie sich entschlossen in eine bewährte Phrase: "Können Sie das für unsere Hörer noch einmal in ganz einfachen Worten erklären?" "Aber selbstverständlich", sage ich milde, "also: ein herkömmliches Waffeleisen produziert doch immer das gleiche Muster, nicht wahr? Und wenn nun in diesem Muster ein linguistischer Term vorkommt, z.B. ein Spruch oder ein Gedicht, dann ist das doch immer derselbe Term auf jeder Waffel, verstehen Sie? Immer und immer wieder der derselbe. Gut. Aber wollen wir das? Können wir uns das in unserer modernen multi-medialen Gesellschaft noch leisten? Ein Waffeleisen, das jahraus, jahrein denselben Spruch auf seine Waffeln prägt? Und was, wenn das Eisen den Benutzer wechselt? Vielleicht steht der neue Benutzer nicht auf Goethe oder Byron. Und dann muss der arme Kerl den Rest seines Lebens mit Waffeln leben, die Aufschriften tragen, mit denen er nichts anfangen kann." "Aber..." "Mit SCHWAFEL wird es das nicht mehr geben. Das 'Wavelet', also das Waffeleisen, wird sich automatisch an das intellektuelle und linguistische Niveau des Benutzers anpassen. Die Bandbreite geht von Perry Rhodan bis James Joyce..."

Die Reporterin holt tief Luft: "Wollen Sie allen Ernstes sagen, dass ein Forschungsprojekt, das mit 10 Millionen pro Jahr finanziert wird, ein Waffeleisen entwickelt?!" "Mein liebe Frau Treulos..." "Treugott!" "... natürlich! Entschuldigen Sie vielmals. Erstens handelt es sich nicht um ein einfaches Waffeleisen, sondern um die Simulation eines selbstorganisierenden Waffeleisens - was ein grosser Unterschied ist - und ausserdem vergessen Sie die Spin-Offs." "Spin-Offs?" "Natürlich! Wie beim Apollo-Programm, nicht wahr? Microchips, Superkleber, neue Isolationsmaterialien, die ganze Computerrevolution - das waren alles Spin-Offs vom Apollo-Programm der sechziger Jahre. Sie sehen also, es kommt gar nicht darauf an, ob wir ein Waffeleisen oder ein Fussmassagegerät entwickeln - entscheidend sind nur die Spin-Offs!" "Und worin bestehen die bei SCHWAFEL?" will sie hartnäckig wissen. "Das ist so im Einzelnen nicht vorhersehbar. Aber es wird auf jeden Fall fundamentale Auswirkungen auf Nähmaschinen, Spritzgebäckapparate und Stickmusterautomaten geben. Sie sehen also, dass die Implikationen des Projekts SCHWAFEL enorm sein werden." "Aber..." "Entschuldigen Sie, Frau Treuhand..." "Treugott!!" "... äh, ja. Könnten Sie mit diesem Dings, diesem Mikro, nicht etwas mehr Abstand halten? Es macht mich nervös, wenn etwas unter meiner Nase herumschwingt..." Die rasende Reporterin des 'Cosmic Radio' schaut auf ihr kleines Aufnahmegerät. "Tut mir leid, aber die Batterien sind fast alle; ich bekomme kaum noch eine anständige Aussteuerung..." "Batterien? Aber das ist doch gar kein Problem! Moment mal..." Ich schnappe mir ihr Gerät und springe 'rüber ins Physik-Praktikum, wo die Frischlinge sich mit dem altersschwachen Zyklotron abmühen. Ich lege das Gerät in den Beschleunigerspalt und sage den Studenten, dass sie weitermachen sollen, aber sie sollen den Beschleuniger mal kurz auf Warp 9 stellen. Und zwar ein bisschen flotty! Während das Ding von starken Magnetfeldern und Elektronen durchsiebt wird, suche ich nach einer neuen Batterie. Dann ziehe ich noch schnell den Mikrostecker ab und tauche die Kontakte in schnell trocknenden Isolierlack.

"So. Alles erledigt", sage ich fröhlich und gebe ihr das Aufnahmegerät zurück, "jetzt läuft es wieder wie eine 1." "Komisch. Es ist ja ganz warm?" wundert sie sich. "Wahrscheinlich, weil ich es die ganze Zeit in der Hand gehalten habe. Wo waren wir stehengeblieben?" "Können Sie mir den Prototypen von SCHWAFEL einmal vorführen?" Ich tue so, als ob ich zögerte. "Nun ja. Eigentlich ist er ja erst in der Entwicklung, befindet sich sozusagen noch im Embryonalzustand. Aber gut, was soll's!" Ich rufe einen Bildschirmschoner auf, der eine Mandelbrotmenge in Form von klassischen Apfelmännchen auf den Schirm zeichnet. "Sehen Sie, Frau Treubruch, hier entwickelt sich gerade das sogenannte Embryo-Wavelet. Sie können sehen, wie es langsam immer grösser wird. Seine Fähigkeiten werden sozusagen von Sekunde zu Sekunde komplexer und passen sich unseren linguistischen Fähigkeiten an. Natürlich ist das nur eine Simulation der symbolverarbeitenden Fähigkeiten des Waffeleisens, nicht das Waffeleisen selber..." "Treugott", sagt sie nachdenklich und starrt auf das farbige Apfelmännchen. "Wie? Ach so, ja. Verzeihung. Mein Namensgedächtnis..."

Sie ist so fasziniert, dass sie vergisst, auf die Aussteuerungsanzeige ihres Recorders zu achten. Da rührt sich nämlich schon lange nichts mehr! "Und wie", fragt sie, "wie äussern sich jetzt die linguistischen Fähigkeiten des... dieses Wavelets?" "Passen Sie auf!" Ich drücke Ctrl-C und der Bildschirmschoner bricht mit der üblichen Fehlermeldung ab. "...'Error: broken pipe'... ", liest sie verblüfft vom Bildschirm ab. "Aber was soll denn das heissen?" Ich zucke mit den Achseln. "Nun, ja. Wie gesagt - ein Embryo. Wir sind mit unseren Forschungen ja auch erst ganz am Anfang..."

Endlich zieht Frau Treudoof zufrieden und mit einem halben Kilometer leerem Tonband im Kasten ab, und ich kann mich endlich wieder der heutigen Usermail widmen. Manchmal frage ich mich, wie man an diesem LEERstuhl vernünftig wissenschaftlich arbeiten soll, wenn man ständig solche Leute hereinlässt...


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Böööh!! Bööööh!!

Mein PAD (Professoren-Annäherungs-Detektor) schlägt an. Das ist schon das fünfte Mal heute! Normalerweise rennt der Chef nicht andauernd an meinem Büro vorbei. Es muss sich um jemand anderen handeln. Ich schaue auf den Gang hinaus und sehe gerade noch den breiten Rücken unseres Dekans im Geschäftszimmer verschwinden.

Wenn die Häuptlinge sich persönlich beim Chef zum Kriegsrat versammeln, ist irgendetwas im Busche. Ich versuche, Mikrophon und Soundblasterkarte im Rechner des Chefs zu aktivieren. Aber leider hat er den Rechner wieder einmal ausgeschaltet.

Das Geräusch störe ihn, sagt der Chef immer entschuldigend, wenn ich ihn darauf hinweise, dass sein Rechner schon wieder nicht am Netz ist. "Dann bekommen Sie aber keine email", sage ich dann, "und ausserdem wird der Rechner nicht ge-backuped." "Schön... ähm... äh... ich wollte sagen: Schade... hmm..." Und dabei bleibt es dann. Im Grunde habe ich den Verdacht, dass der Chef sowieso keine email beantworten will und deshalb den Rechner, sobald ich den Raum verlassen habe, wieder ausschaltet. Für mich ist das äusserst ärgerlich, weil dadurch das Zimmer des Chefs der einzige Raum am LEERstuhl ist, der praktisch abhörsicher ist.

Es klopft und Frau Bezelmann streckt ihren Kopf herein: "Sie werden vom Chef verlangt", sagt sie genüsslich.

ALARMSTUFE GELB!

"Nur vom Chef?" frage ich vorsichtig. Frau Bezelmann zieht ihre Mundwinkel nach unten. Ihre Augengläser blitzen gefährlich: "Der Dekan und der halbe Fachbereichsrat sind auch da", erklärt sie bedeutungsvoll.

Auf dem Weg zum Geschäftszimmer gehe ich blitzschnell die Ereignisse der letzten Monate durch. Der abgeschleppte Wagen des Kanzlers? Die überflutete Tiefgarage? Die Explosion in Labor 3? Der Schneepflug der Hausmeister? Oder hat die RKfH etwa eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen mich angestrengt?

Kinkerlitzchen! Ich meine, immerhin hatten wir schon seit über einem Jahr keine Todesfälle mehr an unserem LEERstuhl...

Apropos! Vielleicht hat es ja tatsächlich etwas mit dem UPS- Lieferanten zu tun, der vor zwei Jahren in den zufällig nicht abgedeckten Hauptkabelschacht gefallen ist...

Vor der Türe zum Chefzimmer mobilisiere ich kurz meine Abwehrkräfte, dann klopfe ich und öffne die Türe.

"Ah... ja... ähm... da ist ja... äh... da kommt ja endlich... hmm... der Mann, auf den wir... hmm... kommen Sie.. äh... kommen Sie nur herein...Setzen Sie sich..."

Der Dekan, drei Professoren vom Fachbereich und natürlich der Chef sitzen auf Polstermöbeln hinter halbleeren Kaffeetassen und grinsen mir freundlich entgegen. Ein wahrhaft erschreckender Anblick! Ausserdem sitzt da noch eine nicht mehr ganz junge Dame mit strengen Gesichtszügen steif auf der Sofakante und betrachtet mich mit dem uninteressierten Blick eines gerade gefütterten Tigers.

"Die... äh... Herren Kollegen kennen Sie ja... ähm... Leisch. Und das hier ist... äh... Professor Icewater aus San Francisco, die Sie gerne... hmm.... kennenlernen möchte..." Mrs. Icewater neigt den Kopf mit dem grauen Haarknoten ganz leicht in meine Richtung. Ich durchforste fieberhaft mein Gedächtnis, aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, ob der Name Icewater in letzter Zeit in der Mail vom Chef aufgetaucht ist.

Unser Dekan, Professor Steinbrecher, lehnt sich in den ächzenden Sessel zurück und ergreift gewichtig das Wort: "Professor Icewater hat kürzlich einen Lehrstuhl der University of California übernommen und, nun ja, nach ihrer eigenen Schilderung geht es dort ziemlich drunter und drüber. Hacker, unsichere Systeme, ein offenes Computernetz, Viren, Plattenabstürze - Sie verstehen?"

Ich beteuere mit dem Brustton des guten Gewissens, dass ich damit absolut nichts zu tun habe. Und weil es ausnahmweise sogar stimmt, klingt es richtig überzeugend. Die Professoren schmunzeln.

Sind Sie schon mal fünf schmunzelnden Professoren gegenüber gesessen? Ich schalte auf ALARMSTUFE ROT!

"Aber natürlich nicht", fährt Professor Felsklauber von der virtuellen Fluidthermodynamik fort. "Professor Icewater ist hier, weil sie von unserem hervorragend organisierten Rechnernetz hier gehört hat. Sie möchte Sie gerne - vorausgesetzt natürlich, dass Sie einverstanden sind - für einige Zeit als Berater mit nach San Francisco nehmen. Was halten Sie davon?"

Ich starre in sechs erwartungsvollen Professorengesichter. "Volles Auslandstagegeld und freie Dienstwohnung?" Die Professoren schauen Mrs. Icewater an. Diese nickt. "Ok", sage ich. Der Chef atmet erleichtert auf...

Und damit endet das Buch 'Bastard Ass(istant) from Hell' (oder 'Das Jahr des Bastards' oder 'Bastard Assistent' oder wie auch immer der Verlag sich letztendlich entscheiden wird, das Machwerk zu taufen!). Verpassen Sie nicht den zweiten Band 'Bastard Ass(istant) in Oversea' - demnächst auf dieser Liste!

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